Ruhe und Gelassenheit im Alltag
Yalda • 29. September 2020
Vier schnelle Interventionen für dich

Die Gastautorin Yalda hat ein paar Tipps für dich zusammengefasst wie du mehr innere Gelassenheit aufbaust.
Dass der moderne Mensch, also Du und ich, in einer Zeit voller Hektik lebt ist kein Geheimnis. Das Thema Entschleunigung ist nicht mehr länger in den Händen von psychologischen Fachzeitschriften, sondern hat als „anzustrebende“ Notwendigkeit Eingang in sämtliche Medien gefunden. Sogar Nachrichtenmedien – wie der Spiegel – widmen sich psychologischen Themen wie z.B. Reizüberflutung, Burnout und co. An der Schule ist dieses Thema quasi ein „Evergreen“. Studien zeigen es und ich beobachte es auch selber: immer wieder gibt es Kolleg*innen, die längere Zeit aussetzen müssen, weil sie erschöpft sind (1). Lehrer*in zu sein ist ohne Frage eine komplexe Aufgabe! Schon alleine deswegen bist du eine Heldin bzw. ein Held, weil du dich dieser Herausforderung tagtäglich stellst!
Aber zurück zum Problem der Überlastung: ein Problem zu diagnostizieren – obwohl es der erste Schritt zur Besserung ist – liefert nicht automatisch auch eine Lösung. In meinen Augen sind in der Schule auch langfristig gesehen strukturelle Veränderungen sinnvoll (kleinere Klassen zum Beispiel), um die Belastung zu reduzieren. Und natürlich ganz viel Coaching und Supervision für alle Menschen, die viel mit Menschen in Kontakt sind. Erstmal kannst du nur in dem System und den Strukturen wirken, in denen du steckst. Also geht es wieder einmal darum, dass du bei dir anfängst und Verantwortung für dich übernimmst. Um Veränderung zu schaffen ist eines unumstößlich: Handeln! Verändere deine Gewohnheiten und Rituale! Ich möchte Dir fürs erste ein paar schnelle Interventionen vorstellen, um in Ruhe zu kommen, ¬ jenseits von „tief Luft holen“ und dem, was alle sowieso irgendwie schon mal gehört haben.
1) Rütteln und Schütteln
Diese Übung stammt vom Zeitblüten-Blog (2) und ist gut geeignet, wenn die Anspannung schon da ist und der Ärger über Kolleg*innen, Schüler*innen oder was auch immer bzw. wen auch immer schon im wahrsten Sinne des Wortes „im Nacken sitzt“, lässt sich gut in die Pause und den Alltag integrieren. Dies ist vor allem geeignet für Lehrer*innen, die den Klassenraum auch mal für sich alleine haben. Am Anfang kommst du dir vielleicht komisch vor, aber du wirst schnell merken, dass sich dein Gemütszustand positiv verändert.
1) Stelle Dich gerade hin. Beginne langsam auf der Stelle zu hüpfen. Dabei sollten alle Körperpartien mit geschüttelt werden: Kopf, Schulter, Arme und Hände (ungefähr 1 Minute)
2) Und nun still stehen und den Kopf kreisen (ungefähr 1 Minute)
3) Nun beginnt die nächste Schüttelrunde (ungefähr 1 Minute)
4) Und nun Kopfkreise in die andere Richtung als zuvor (ungefähr 1 Minute)
5) Und nun die letzte Schüttelrunde (ungefähr 1 Minute)
6) Zum Abschluss ist es schön sich auf einen Stuhl zu setzen und noch mal nachzuspüren (ungefähr 1 Minute)
2) Stressweg-Dusche
Dies ist sozusagen eine „After-Work-Übung“. Als ich mich selbst mit dem Thema Hochsensibilität beschäftigt habe, habe ich diese Methode in einem Youtube-Video von Joanna Essentials (3) kennengelernt. So simpel sie auch klingen mag: sie hilft tatsächlich – zumindest mir. Die Idee der Stressweg-Dusche ist, dass du beim Duschen nicht nur deinen Körper reinigen kannst, sondern auch deine negativen Gedanken - bzw. etwas pathetischer ausgedrückt – deine Seele. Somit schlägst du also zwei Fliegen mit einer Klappe. Bei Hochsensibilität ist es wichtig, sich immer wieder von den vielen Reizen, die hier verstärkt wahrgenommen werden, zu lösen. Aber auch bei einem so „hoch sozialen“ Arbeitsplatz wie der Schule ist Reizverarbeitung ein wichtiges Thema (auch für „normal“ sensible Menschen). Bei dieser Übung kannst Du visualisieren (wenn du am Nachmittag aus der Schule/Arbeit kommst), wie das Wasser Ärger und negative Gefühle aus deinem Körper wegwäscht und diese in den Abfluss laufen. Stelle dir vor, wie das Wasser jede Zelle deines Körpers berührt und hier alles löst, was da ist.
Mit ein bisschen Übung stellt sich dieses Gefühl irgendwann von alleine ein, wenn man es mehrfach visualisiert hat unter der Dusche. Die Forschung sagt, dass sich wiederholte Handlungen nach ungefähr 66 Tagen als Routinen und Gewohnheiten etablieren (4).
3) Dankbarkeitstagebuch
Zufriedenheit und Gelassenheit ist für mich ohne Dankbarkeit nicht möglich. Und eine Dankbarkeitspraxis kann man trainieren, so wie jeden Muskel am Körper. Denn Dankbarkeit "shiftet" Gefühle von Mangel in ein Gefühl von Fülle und verschiebt den Fokus auf das, was schon gut funktioniert. Die Kapazität des menschlichesn Gehirns Reize aufzunehmen und zu verarbeiten ist sehr begrenzt und deswegen funktioniert die menschliche Wahrnehmung, wie eine Art Scheinwerfer. Vieles liegt im Dunkeln, nur weniges ist gerade im Fokus. An dieser Stelle kannst du selbst entscheiden: Wohin möchtest du deine Aufmerksamkeit lenken? Gefühle von Dankbarkeit lösen im Körper Botenstoffe wie z.B Dopamin und Serotonin aus. Gefühle sind im Grunde nichts anderes als Hormone, die du selber durch dein Denken zu einem bestimmten grad einstellen kannst.
„Ein dankbarer Mensch geht als König durch sein Leben. Er liebt sich selbst ganz natürlich, denn er erfährt sich als eine bis obenhin angefüllte Schatztruhe des Lebens“(5)
Auch wenn heute in der Schule Tische geflogen sind, im Lehrer*innenzimmer nur Gemotze und die Direktorin einen wegen Kleinigkeiten gerügt hat oder einen spitzen Kommentar gemacht hat – ich verspreche Dir: irgendetwas ist gut gelaufen! Es gibt immer irgendetwas! Es hilft schon sich jeden Tag drei Dinge aufzuschreiben für die man dankbar war. Entweder in ein eigenes Tagebuch oder eigens für Dankbarkeit entwickelte Konzeptbücher – wie das „6 Minuten Tagebuch“ vom Rowohlt Verlag (25 Euro im Handel) (6).
4) Selbstliebe-Dusche
Diese Methode stammt aus dem Buch „Heirate Dich selbst“ von Veit Lindau (7). Hier geht es im Gegensatz zu der Stressweg-Dusche nicht wirklich um echtes Wasser und echtes Duschen, sondern vielmehr um Visualisierung, also die konkrete Vorstellung von etwas. Und zwar der Vorstellung von Selbstliebe (die Idee des Originals lässt sich aber auch auf alles mögliche übertragen zum Beispiel die Themen Ruhe, Gelassenheit oder was auch immer). Indem du dir selbst etwas vorstellst, werden im Körper die selben biochemischen Prozesse ausgelöst, genauso als wenn du diese Situation durchlebst. So haben Wissenschaftler*innen herausgefunden, dass der Körper z.B. künstlichen Lachen genauso Dopamin ausschüttest und bessere Laune bekommst, als wenn du aus der Situation heraus lachst. Dein Unterbewusstsein kann also nicht unterscheiden, ob dir etwas Positives real widerfährt oder ob du es dir lediglich vorstellst (8). Hier also die konkrete Praxismethode für dich kurz vorgestellt:
1. Stelle dir vor, dass du einen Atemzug voll Selbstliebe/Ruhe/Gelassenheit nimmst. Falls dir das zu abstrakt ist, dann stelle dir eine Situation vor, in der du voller innerer Balance warst und vollkommen zufrieden mit Dir selbst warst und versuche dieses Gefühl nun real vor deinem inneren Auge hervorzurufen.
2. Atme nun ein. Hat dieses Gefühl eine Farbe?
3. Und bevor du ausatmest, halte kurz inne.
4. Verteile beim ausatmen diese (rosa, gelbe, blaue?) Selbstliebe/Ruhe/Gelassenheit in Dir. Lasse diese durch deinen ganzen Körper strömen. Spüre, wie diese deine Zehen, deine Finger und deine Kopfkrone erreicht und sich in deinem Bauchraum sammelt.
Ich gebe zu: Hier ist auch der Atem im Spiel, der dafür sorgt, dass du zur Ruhe kommst. Aber ich würde keine Methode vorstellen, die ich nicht selber getestet und für gut befunden hätte. Immerhin.
Möchtest du eine von diesen Methoden mal 66 Tage testen oder auch mehrere? Was macht das mit dir? Vielleicht nichts? Vielleicht gibt es dir einen positivere und entspanntere Haltung? Ein Versuch ist es wert finden wir. Berichte uns gerne davon.
Quellen:
(1) http://www.sueddeutsche.de/bildung/studie-zu-burn-out-bei-paedagogen-hoellenjob-lehrer-1.1932745 (letzter Zugriff: 12.07.18)
(2) https://www.zeitblueten.com/news/entspannungsuebungen/#Baeumchen_ruettele_und_schuettele_dich (letzter Zugriff 31.8.2018)
(3) https://www.youtube.com/watch?v=56aPldXA_F4( letzter Zugriff 31.8.2018)
(4) http://routiniert.com/gewohnheit-aendern/ (letzter Zugriff 31.8.2018)
(5) VEIT LINDAU: Heirate dich selbst, Kailash Verlag, München 2013.
(6) https://vanilla-mind.de/6-minuten-journal/ (letzter Zugriff am 1.9.2018)
(7) VEIT LINDAU: Heirate dich selbst, Kailash Verlag, München 2013.
(8) Vertiefend zum Thema der Visualisierung JOE DISPENZA, ein neues Ich, KOHA Verlag, Burgrain 2017.