Was ist eigentlich Persönlichkeit? Teil 1
Und warum ist es wichtig sich damit zu beschäftigen?
LehrerInnenpersönlichkeit
In meinem Referendariat wurde immer von LehrerInnenpersönlichkeit geredet. Der erste Unterrichtsbesuch war sogar dazu da, um zu überprüfen, ob man diese aufweise. Als das überstanden war, war man direkt erleichtert, da ja dann nicht "Grundsätzliches" fehlte oder wie man es damals formulierte. Auch im Studium wurden LehrerInnen in verschiedene Schubladen einkategorisiert wie z.B. „der Arbeitsverweigerer“, „der Verantwortungsträger“ oder sonstige Kategorien, die ich nickend angenommen, irgendwie geglaubt und verinnerlicht habe. Auch sonst ist das Wort Persönlichkeit ziemlich präsent, wenn es darum geht LehrerIn zu sein. Es werden Eigenschaften genannt, die ein(e) LehrerIn unbedingt mitbringen sollte. Dazu gibt es eine Menge Fachliteratur, aber das ist uns als Pädagogen ja wahrscheinlich allen bewusst. Es gibt ebenso zahlreiche Vorstellungen von SchülerInnen wie ein gute(r) LehrerIn zu sein hat, jedoch haben alle Vorstellungen eins gemein: sie implizieren Aspekte die auf die Persönlichkeit des Menschen, die hinter der Lehrperson steht, eingeht. Also sollte man doch eigentlich erst einmal wissen wer man ist und was seine Stärken und Schwächen sind und wie man ggf. einige Schwächen auflösen kann oder nicht?(1)
Konfliktfeld Schule
Konflikte entstehen – da können wir als LehrerInnen ein Lied von singen – jeden Tag aufs Neue. Man hat das Gefühl für zu viele Dinge verantwortlich zu sein und die Gesellschaft lässt an LehrerInnen auch nicht unbedingt ein gutes Haar. Ich spüre selber, dass man in solch einem Konfliktfeld, in dem von allen Seiten das Gefühl vermittelt wird nicht gut genug zu sein, nicht immer sein eigener Buddha sein und meditierend gewaltfreie Kommunikation üben kann und viele Faktoren von Außen einen selbst zermürben können. Es gibt ja nicht umsonst Statistiken, die belegen, dass der Berufsstand Lehrer stark mit Depression und Burnout in Verbindung steht. Dennoch. Trotz aller Widrigkeiten sollte man davon ausgehen, dass Menschen, die Heranwachsende betreuen (deren Persönlichkeit sich noch in einer sehr verletzlichen Phase befindet) wissen nach welchen Werten sie selber leben und wie man mit anderen Menschen umgeht. Oder nicht? Die #MeTwo Debatte, die nach dem Austritt von Mesut Özil aus der Nationalmannschaft entstand und der dadurch sichtbar gewordene Rassismus (auch von Seiten der LehrerInnen) zeigt, wie sehr diese an sich arbeiten müssen um ihren gesellschaftlichen Auftrag erfüllen zu können. Und da kommt der Punkt der Persönlichkeit und dessen Entwicklung ins Spiel. Schon Maria Montessori sagte 1932 in ihren Friedensreden, dass Frieden bei der Erziehung anfängt. Hierzu gehört die Persönlichkeitsentwicklung des Erwachsenen, der dem Kind/den Jugendlichen hilft die eigene Persönlichkeit zu entfalten. (2) Doch um Kindern/Jugendlichen bei dem eigenen inneren Wachstum zu helfen, sollte man sich doch eigentlich erst mit sich und seinen eigenen Themen beschäftigen oder? Wir haben in unserem Berufsfeld Fortbildungen zum Thema gewaltfreie Kommunikation und zum Thema Akzeptanz und Annahme von SchülerInnen, zum Thema Stressvermeidung und ich kenne auch KollegInnen, denen diese Themen schon fast zum Halse heraushängen („Immer wieder dasselbe“). Gewaltfreie Kommunikation, Stressvermeidung oder auch Fortbildungen zum Thema Akzeptanz und Annahme von SchülerInnen sind zwar Tools, die LehrerInnen helfen mit sich und anderen gut umzugehen, also richtig und wichtig, aber man muss sich das in etwa so vorstellen wie bei einem Baum. Der Baum wird nur oben etwas abgeschnitten, gestutzt und verändert, aber die Wurzel bleibt vollkommen unberührt. Und diese Wurzel sorgt immer wieder dafür, dass wir in dieselben Situationen geraten und uns genauso verhalten, wie wir es eigentlich immer tun und ärgern uns dann vielleicht darüber. Das nennt die moderne Psychologie dann inneres Kind oder das Unterbewusstsein. Und 95 % dessen was wir tun passiert unterbewusst, also entsteht durch die Wurzel, die in unserem Inneren ganz tief verborgen liegt. (3) Daher gilt es meiner Meinung nach genau da anzufangen und bestimmte Themen erst einmal zu erkennen, bewerten und dann ggf. aufzulösen.
Vorurteile dass die Personen, die sich mit sich selbst beschäftigen eine ziemliche Macke haben, oder Persönlichkeit nicht wandelbar ist, existieren natürlich leider noch immer. "Ich bin halt so. Das kann ich nicht ändern." Doch du bist hier und ließt diesen Artikel. Also kommen wir daher direkt zum Thema „was ist überhaupt Persönlichkeit?
Persönlichkeit – Was ist das überhaupt?
Wenn man den Begriff Persönlichkeit googelt erhält man zahlreiche verschiedene Ergebnisse. Grundsätzlich stammt der Begriff von dem lateinischen Wort persona (= Maske oder Rolle). Es ist also unter anderem eine Rolle, in die wir schlüpfen – ob bewusst oder unterbewusst. Diese Rolle ist das, was der Gegenüber dann von uns sieht. Der Begriff ist in der heutigen Psychologie natürlich viel weiter gefasst. Es gibt auch zahlreiche Modelle, die uns einklassifizieren (wollen). Eins ist aber klar: wir haben einen angeboren Teil und auch einen flexiblen Teil. Letzteren erhielten wir durch kindliche Prägungen. Persönlichkeit umfasst unsere Gewohnheiten, Macken, Werte, politischen oder geistigen Haltungen, Fähigkeiten und Talente. Also die Gesamtheit der Wesenszüge, Verhaltensweisen oder Äußerungen eines Menschen. Und da jeder Mensch natürlich anders aufgewachsen ist und unterschiedliche Werte vermittelt bekam (von Eltern oder dem Umfeld), ist jeder Mensch einzigartig. Es gibt aber einen Persönlichkeitskern der allen Menschen gemeinsam ist: die sogenannten „Big Five“.
Die Big Five. Werden dann in Teil 2 erklärt. Klicke gerne hier, um weiterzulesen!
Quellen:
(1) https://www.morgenpost.de/schueler/article103962514/Traumlehrer-Jugendliche-sagen-was-wichtig-ist.html (letzter Zugriff 21.05.18)
(2) M. MONTESSORI, Frieden und Erziehung – Vorträge in Genf in: M. MONTESSORI, die Macht der Schwachen, Herder S. 19-42, 1989 .
(3) S. STAHL, Das innere Kind in dir muss Heimat finden, Das Kind in dir muss Heimat finden: Der Schlüssel zur Lösung (fast) aller Probleme , Kailash 2015 .
(4) J. SPECHT, Kann ich mich ändern? , in: Psychologie Heute, S. 20-27, 07/2018; J. SPECHT, Charakterfrage. Wer wir sind und wie wir uns verändern, Rowohlt Verlag, 2018 .