Warum es nur darum geht sich die richtigen Fragen zu stellen

Yalda • 14. Januar 2021

Oder auch warum Menschen dein Spiegel sein können, um dich zum Wachstum anzuregen

Gastautorin Yalda schreibt hier einen Impulsartikel für dich.

In der Schule (und meiner Meinung nach auch an jedem anderen Ort an dem Menschen sich begegnen) entsteht viel Raum zum Lernen und wachsen – allerdings erst, wenn du dir die richtigen, bzw. gute Fragen stellt und den Spiegel erkennst, den andere Menschen dir vorhalten. Fragen die erlauben, dass du über den Tellerrand schauen kannst, andere Menschen besser verstehst und über etwas über dich lernst. Fragen die Lösungen ermöglichen! Ich nenne sie jetzt mal „kraftvolle Fragen“. Übrigens: Wie du dir insgesamt gute Fragen für ein glückliches Leben stellst, nicht nur auf die Arbeit bezogen, beleuchtet Veit Lindau in einem Kapitel des Buches „Heirate dich selbst“(1). Ein Buch, was ich auch generell zum Thema Selbstliebe empfehle. 
Long Story short: Im System Schule herrscht neben Freude auch viel Unmut und Frustration (so wie in vielen anderen Arbeitssystemen auch). Ein positives Mindset ist dementsprechend wichtig, um sich von der Frustration, die von äußere Einflüssen bedingt ist oder von strukutrellen Probleme, nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Ein positives Mindset wiederum entsteht automatisch, wenn du dir konstruktive Fragen stellst! 

Im Laufe der Jahre bin ich auf viele unnütze Fragen gestoßen – in meinem eigenen Kopf – sowie im Vorbeigehen im LehrerInnenzimmer. Ich gebe zu: ab und an habe ich auch mal im Kopierraum gelauscht, wenn andere sich unterhalten haben. Ich habe hier ein Best of angesammelt an Fragen, die du dir vielleicht auch schon einmal gestellt hast. Vielleicht erkennst Du auch jemand anderen wieder? Wenn nicht, wunderbar! Kleiner Disclaimer: Die Fragen sind natürlich nicht auf eine ganze Berufsgruppe zu übertragen. Sie sind ganz subjektiv von mir zusammen gesammelt und ohne Anspruch auf Vollständigkeit, allerdings auch mit kleinen Veränderungen auf andere Berufsgruppen übertragbar. Frustration zeigt in vielen Berufen ähnliche Strukturen und Grundmuster. 

Warum sind die SchülerInnen heutzutage so schwierig? (alias „früher war alles besser“)
Erste Gegenfrage: Ist das wahr? Wer sagt, dass es wahr ist? 
Wenn ich an meine Schulzeit denke, habe ich das Gefühl, dass meine MitschülerInnen und ich relativ still und leise auf unseren Plätzen saßen. Ok, ein paar Pappenheimer gab es immer, aber im großen und ganzen händelbar. 
Schnell ensteht die Wahrnehmung, dass es in der eigenen Schulzeit irgendwie „geordneter“ war. Schön und gut: Aber damals war ich Schülerin und nicht Lehrerin, ein meilenweiter Unterschied in der Wahrnehmung. Ich sehe auf jeden Fall in Menschen die Tendenz die Vergangenheit zu beschönigen. So oder so: Ganz aufzuklären ist es nicht, aber es spielt auch keine Rolle, denn diese Frage ist Bullshit. Entschuldige meine Ausdrucksweise, aber ich sehe das so. Sie führt dazu, dass man sich als Lehrkraft so fühlt, als wäre man dem Beruf und seinen vermeintlichen negativen Veränderungen hilflos ausgeliefert. Und nun könnte man nur noch „das Beste“ daraus machen. Hilfreiche Fragen an dieser Stelle, die wirkliche Handlung ermöglichen könnten sein:
-> Wie kann ich einen guten Umgang mit „schwierigen SchülerInnen“ finden? 
-> Welche innerliche Haltung hilft mir? (z.B. „Ich kann nicht allen SchülerInnen helfen, aber wenn ich ein paar motiviere, dann leiste ich gute Arbeit“) 
-> Welche Unterstützungssysteme gibt es für mich als Lehrkraft und strukturell? 
-> Welche Strategien helfen mir in meiner Freizeit abzuschalten? 
-> Und immer immer wieder die Frage: Ist das der Job, den ich gerne machen würde? Und wenn ja: Wie kann ich diesen Job machen, dass er mir Freude bereitet? Ein bisschen Freude darf ja wohl sein und soll bitte auch sein. Natürlich gibt es nicht immer nur gute Phasen bei der Arbeit, aber das Leben (die Arbeit) ist ein Geschenk! Und es ist dein Leben. Du bist der Mensch, der für dein Glück sorgen darf, kann und bitte auch soll!  

Warum wird mir so viel Arbeit aufgedrückt? (auch eine Form von Nostalgie im Sinne von „früher waren die Aufgaben bewältigbarer“) 
Diese Frage, häufig auch als atmosphärisches Dauermeckern in Konferenzen anzutreffen, nehme ich an meiner Schule wahr. Gefühlt jeder Vierte bzw. jede Vierte hat das Gefühl, dass immer mehr „oben drauf“ kommt. Noch eine Konferenz mehr, die besucht werden sollte und „einer oder eine muss noch Suchtpräventionsbeauftragter bzw. Suchtpräventionsbeauftragte werden“! Das mag für Dich vielleicht eine Tatsache sein. Ich kann es nicht beurteilen, da mir der Vergleich zu „früher“ fehlt. Aber sicherlich gibt es im Lehrberuf eine steigende Komplexität durch die wachsende Heterogenität der SchülerInnen, die wachsenden Aufgabenfelder und den Mangel an Personal. Andererseits haben LehrerInnen heutzutage theoretisch bessere Unterstützungssystem, wie zum Beispiel KlassenerzieherInnen und Schulpsychologische Dienste. Wie gut diese dann allerdings verfügbar, nützlich und sinnvoll sind, das kann jede und jeder nur individuell bewerten. Aber was kannst du genau jetzt an diesem System ändern, wenn du das Gefühl hast, dass es dir zu viel aufbürdet? Einige Dinge kann man nicht verändern, vieles aber schon. Wer eines vom anderen unterscheiden kann ist weise! Sowas in der Art klebte mal als Postkartenspruch am Kühlschrank in meiner WG. Wir möchten, dass es dir gut geht, und daher könnten hilfreiche Fragen an dieser Stelle sein: 
-> Welche Aufgaben mache ich gerne? Und wo bringe ich mich gerne ein? Wenn du von Dir aus etwas anbietest, was du gerne machst, dann wirst Du wahrscheinlich an anderer Stelle geschont. 
-> Wie kann ich mich freundlich und bestimmt abgrenzen? De Fakto kann dich niemand dazu zwingen etwas zu tun, außer dein eigenes Gewissen oder Pflichtgefühl sagt dir, dass du diese Aufgabe wirklich machen musst. Aber nur wenn es dir gut geht, geht es auch deinen SchülerInnen und deinem Umfeld gut. Abgrenzung und Selbstliebe ist der Schlüssel für ein erfüllteres (Arbeits)Leben. 
-> Wie sehr identifiziere ich mich mit der Arbeit und wie viel Freizeit wünsche ich mir? An dieser Stelle könntest du auch überlegen die Stundenzahl zu reduzieren, denn diese Option steht LehrerInnen in Berlin zu (auch ohne Kinder und zu versorgende Elternteile) 
-> Wie viel Zeit möchte ich in der Vorbereitung stecken? Muss ich perfekt sein? Wie messe ich meinen Erfolg? 
-> Ermöglicht meine Schule /meine Schulleitung Mir so zu arbeiten, dass ich gesund bleibe? Wenn nein: Ist meine Schule wirklich die richtige für mich? 
und wieder meine Lieblingsfrage:
-> Wie kann ich meinen Job machen, dass er mir Freude bereitet? 
Denk daran du bist die Schöpferin bzw. der Schöpfer deines eigenen Lebens! 

Wann sind endlich wieder Ferien?  
(Häufig kommt diese Frage auch direkt eine Woche nach den Sommerferien oder sogar in der Präsenzwoche) 
Wer sich nur von Ferien zu Ferien hangelt, erschöpft und absolut unmotiviert ist, sollte sich definitiv ein paar ganz grundsätzliche Fragen stellen: 
-> Warum habe ich diesen Beruf einmal ausgewählt?
-> Was habe ich mir damals erhofft und wie kann ich mich dieser Vorstellung wieder annähern?
-> Wie kann ich meine Ressourcen schonen? (Thema Abgrenzung und Achtsamkeit) 
-> Was sind eigentlich meine wichtigsten Bedürfnisse? Wer hier über sich selber noch gar nicht so richtig Bescheid weiß, dem ist vielleicht auch die Aufschlüsselung der vier Grundbedürfnisse des Menschen von KLAUS GRAWE hilfreich. (2)
-> Was bedeutet für mich Work-Life-Balance? Und bin ich hier gut „ausbalanciert“? Wenn nicht: Wie kann ich das ändern? 
-> Ist die Schule bzw. diese Schulform die richtige für mich? Und wenn nicht: Wie möchte ich gerne arbeiten? 
-> Möchte ich eventuell nebenberuflich noch etwas anderes machen? Oder ganz etwas anderes machen?
 Es gibt auch für LehrerInnen unzählige Möglichkeiten sich umzuorientieren oder auch Teilzeit zu arbeiten und nebenher etwas anderes zu machen. Bei Beamten ist es nicht ganz so einfach sich aus den Strukturen zu lösen, es ist aber auch hier machbar! (3). Häufig geht die Frage nach Umorientierung mit dem Gefühl zu versagen einher. Aber warum versagst du, wenn du diese Frage zulässt? Ganz wichtig: Nur wer einmal A gesagt hat, muss nicht auch B sagen. Sich weiterzuentwickeln und aus bestimmten Strukturen herauszuwachsen (oder auch hineinzuwachsen) sind ganz natürliche menschliche Prozesse. Im Land Berlin und auch in anderen Bundesländern gibt es Coachingprogramme die für Lehrkräfte und Beschäftigte an Schulen (also auch ErzieherInnen und SekretärInnen) kostenlos sind (4). 

Du kennst bestimmt noch mehr solcher „Bullshit-Fragen“? Dann schreib gerne einen Kommentar oder auch mehrere. Es geht nur darum sich die richtigen Fragen zu stellen und die falschen zu enttarnen, dann gibt es auch Lösungen oder zumindest neue Impulse! 

Quellen:
(1) VEIT LINDAU: Heirate dich selbst, Kailash Verlag, München 2013.
(2) https://www.berlin.de/sen/bildung/unterstuetzung/schulpsychologie/ (letzter Zugriff 30.08.2018)
(3) https://www.klaus-grawe-institut.ch/blog/1205/ (letzter Zugriff 30.08.2018)
(4) https://ratgeber-umschulung.de/fragen/lehrer/ (letzter Zugriff 30.08.2018)